Haftung beim Einsammeln von digitalen Endgeräten an Schulen
Die Smartphonegarage ist ein wertvolles Instrument, um Ordnung, Konzentration und Sicherheit im Schulalltag zu fördern. Sie kann helfen, das Haftungsrisiko für Schulen zu minimieren – ersetzen kann sie eine sorgfältige rechtliche Auseinandersetzung mit dem Thema jedoch nicht. Schulen sollten daher unbedingt auch die landesrechtlichen Vorgaben, Versicherungen und die eigene Schulordnung im Blick behalten – und bei Unsicherheiten rechtlichen Rat einholen.
Daher haben wir Herrn Felix Machts, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht in der Kanzlei Hauenschild, Schütt, Wünsche & Machts RECHTSANWÄLTE, in einem Interview zum Thema Smartphonefreie Schule befragt.
Interview mit Herrn Felix Machts, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, über die Haftung bei der Handyaufbewahrung in Schulen
Lock&Learn: Herr Machts, die rechtliche Lage zur Haftung bei der Handyaufbewahrung in Schulen ist oft nicht eindeutig und komplex. Welche Fragen stellen sich insbesondere, wenn Lehrkräfte mitgebrachte digitale Endgeräte einsammeln?
Felix Machts: In solchen Fällen stellen sich einige Fragen, besonders: Wer haftet bei Diebstahl oder Beschädigung? Was gilt in welchem Bundesland? Und wie lassen sich Haftungsrisiken minimieren?
Lock&Learn: Warum sind Haftungsausschlüsse rechtlich so ein sensibles Feld?
Felix Machts: Haftungsbeschränkungen und -ausschlüsse werden in der Literatur und Rechtsprechung sehr ausdifferenziert und oft unterschiedlich bewertet. Ein Gericht kann eine Klausel im Streitfall als unwirksam einstufen. Im Vorfeld lässt sich abstrakt nur schwer eine abstrakte Regelung benennen, die für alle relevanten Fallkonstellationen rechtliche Sicherheit bietet. Maßgeblich ist eine Prüfung der konkreten Umstände, um eine zuverlässige Regelung zu finden.
Lock&Learn: Gibt es bereits Urteile zu Einzelfällen, und existiert eine einheitliche Regelung?
Felix Machts: Obwohl es erste Urteile zu Einzelfällen gibt, sind wir von einer einheitlichen Regelung derzeit noch recht weit entfernt. Landesrecht und der konkrete Regelungsrahmen spielen eine wichtige Rolle. Die rechtliche Einschätzung hängt insbesondere davon ab, ob und wie Schulen die Handynutzung regeln und was im Vorfeld mit Schüler:innen und Eltern vereinbart wurde.
Lock&Learn: Wann wird es aus haftungsrechtlicher Sicht besonders brenzlig?
Felix Machts: Ein erhöhtes Haftungsrisiko könnte insbesondere dann bestehen, wenn persönliche Gegenstände der Schüler:innen beschädigt oder entwendet werden, die während des Schulbesuchs eingesammelt worden sind. Risiken können sich insbesondere dann auf die Schule und Lehrkräfte verlagern, wenn diese Gegenstände zur schülergerechten Ausstattung gehören.
Lock&Learn: Welche Rolle spielen Länderregelungen und Versicherungen bei Sachschäden?
Felix Machts: In manchen Bundesländern, wie Niedersachsen, können Schulen unter bestimmten Umständen auf Versicherungen zurückgreifen („kommunalen Schadenausgleich“). In vielen anderen Bundesländern gibt es jedoch keine einheitliche Absicherung für Sachschäden. Die gesetzliche Unfallversicherung greift bei Sachschäden grundsätzlich nicht. Daher ist es ratsam, für eine sichere Aufbewahrung, wie durch eine Smartphonegarage, zu sorgen.
Lock&Learn: Was besagt das Gesetz zur Obhutspflicht und grundsätzlichen Haftung?
Felix Machts: Der Schulträger hat die Pflicht, mitgebrachtes Schülereigentum in angemessenem Umfang vor Schaden zu bewahren. Nach deutschem Recht haften Personen im Schuldverhältnis für vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten. Besonders bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz kann der Schulträger u.U. auch Regress bei seinen eigenen Lehrkräften nehmen, falls diese ein Verschulden trifft.
Lock&Learn: Wie können Schulen konkret handeln, um Haftungsrisiken zu minimieren?
Felix Machts: Schulen sollten die Haftung in der Schulordnung und Elternvereinbarungen thematisieren, sichere Aufbewahrungsmöglichkeiten wie eine abschließbare Smartphonegarage anbieten, klare Arbeitsanweisungen für Lehrkräfte erstellen und Haftungsbegrenzungen vereinbaren.
Lock&Learn: Können Sie ein Beispiel für eine Haftungsbeschränkung geben?
Felix Machts: Ein Beispiel für eine Haftungsbeschränkung könnte sein: "Die Schule übernimmt über die allgemein geltenden gesetzlichen Regelungen hinaus grundsätzlich keine Haftung für mitgebrachte Wertgegenstände, die nicht zur schülergerechten Ausstattung gehören oder zum Schulgebrauch bestimmt sind. Für die Aufbewahrung in der Smartphonegarage gilt: Bei einfacher Fahrlässigkeit haftet die Schule – außer bei Verletzungen von Leben, Körper oder Gesundheit – nur bei Verletzung wesentlicher Vertragspflichten." Ob eine solche Regelung wirksam vereinbart oder vorgegeben werden kann, wäre im Einzelfall zu prüfen. Es ist wichtig, sich hier im Einzelfall rechtlich beraten zu lassen.
Lock&Learn: Vielen Dank, Herr Machts, für das aufschlussreiche Gespräch!
Weiterführende Informationen:
- FAZ: Wer haftet für kaputte Schülerhandys?
- Bildungsportal Niedersachsen: Haftung an Schulen (PDF)
- Bezirksregierung Münster: Informationen zu Haftungsfragen (PDF)
- BLLV: Tatort Klassenzimmer – Wer haftet bei Diebstahl?
Hinweis: Die bereitgestellten Informationen stellen keine Rechtsberatung dar und sollen keine rechtlichen Fragen und Probleme behandeln, die im individuellen Fall auftreten können. Lock&Learn UG (haftungsbeschränkt) ist nicht befähigt eine rechtsgültige Beratung auszuüben. Die folgenden Informationen beruhen auf Beratungen mit Fach-Juristen, sind jedoch ohne Gewähr. Wenn Sie rechtlichen Rat für Ihre individuelle Situation benötigen, empfehlen wir, sich Rat von einer/m qualifizierten Rechtsanwältin/Rechtsanwalt einzuholen.